Chronik

DER KÖNIGLICH  PRIVILEGIERTEN FEUERSCHÜTZEN NEUÖTTING 1407

Auszüge aus der

Chronik zum 500jährigen Bestehen unserer Gesellschaft im Jahr 1907.

Erstellt von Stadtpfarrer F.X. Leeb (zum Teil jedoch ohne Hinweise auf die Quellen)

Die Schützengesellschaft Neuötting hat mich vor drei Jahren ersucht, über ihre Geschichte in den Münchener Archiven nachzuforschen. Diesem Ansuchen nachgebend, bin ich dann darauf gekommen, dass über das Schützenwesen im Allgemeinen schon ganz treffliche Werke vorliegen, so in erster Linie von August Edelmann, Schützenwesen München 1890und Ernst v. Destouches, Münchens Schützenwesen vom Jahre 1881. Diese beiden Werke, namentlich das erste, habe ich im Nachfolgenden fleißig genützt, ich konnte mir ja nicht die Geschichte aus den Fingern saugen. – Daneben fand ich im Kögl. Kreisarchiv in München eine Anzahl von Urkunden über Schützenwesen im Allgemeinen und speziell über die Schützengesellschaft Neuötting, die mir bereitwilligst zur Verfügung gestellt wurden, wofür ich nachträglich noch meinen Dank aussprechen möchte.

In dieser Auseinandersetzung zwischen Herzog Ludwig dem Bayern und Friedrich dem Schönen von Österreich ging es letztendlich um die deutsche Kaiserkrone. Der Bayernherzog konnte den Sieg an sein Banner heften. Am Tage nach der Schlacht besuchte Ludwig mit seinem hohen Gefangenen (der außerdem sein Vetter war) Neuötting und verrichtete in der alten Nikolauskirche ein Dankgebet. Anlässlich dieses Besuches stattete er die Stadt mit vielen Privilegien aus, die er dann in den Jahren 1340 und 1347 noch vermehrte und somit das Stadtrecht von 1321 erweiterte. Welchen Grund hätte Ludwig der Bayer wohl gehabt, den Neuöttingern so zugetan zu sein, wenn nicht deren tatkräftige Unterstützung in der alles entscheidenden Schlacht gewesen wäre! Diese Überlegung lässt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf die Existenz von Schützen im damaligen Neuötting

1504 begann eine Zeit schwerer Schicksalsschläge für Neuötting. Aufgrund eines geheimen Testamentes von Herzog Georg dem Reichen brach der Landshuter Erbfolgekrieg aus, der bis 1505 andauerte. Unter Hauptmann Wyßpeck, der auch pfälzischer Attila hieß, wurden 50 Ortschaften gebrandschatzt, geplündert oder dem Erdboden gleichgemacht. Auch Neuötting wurde von ihm stark geschröpft. Als er mit seinen Truppen vor den Mauern der Stadt erschien, sahen die Räte ein, dass sie ihm weder zahlen- noch waffenmäßig gewachsen waren. So schickten sie sich in das Unvermeidliche und kapitulierten am 25. April 1505. Sowohl Bürger als auch Stadtsäckel wurden um erkleckliche Beträge erleichtert.

Bald hernach, nämlich ins Jahr 1535, fällt der Zug, den Kaiser Karl V. gegen Sultan Solimann II. nach Tunis in Afrika unternahm, zu dem er Soldaten aus allen Städten begehrte. Es ist dies zwar kein Schützenfest, sondern etwas viel ernsteres, aber man sieht aus dem ganzen Vorgang, welch hohe Bedeutung das Schützenwesen damals noch hatte. Schütze sein hieß Soldat sein. Der Schütze übte sich nicht bloß zum Vergnügen, sondern zur Verteidigung des Vaterlandes, und wo die Pflicht ihn rief, war er bereit mit seiner Persönlichkeit einzutreten. Das zeigte sich so recht in diesem Falle. Neuötting sollte 22 Mann stellen, die eventuell durch das Los bestimmt werden sollten. Darauf ließen es aber die wackeren Neuöttinger nicht ankommen, sondern 22 Schützen meldeten sich freiwillig zu dem Zuge nach Afrika und gingen auch dahin ab. Schade, dass wir es nicht wissen, wie es ihnen ergangen ist! Das waren die ersten Afrikaner, die Vorläufer unserer heutigen Kolonial-Soldaten. Ehre ihrem Andenken! Nochmals Schade, dass wir ihre Namen nicht kennen !

Während des Schmalkaldischen Krieges 1546/47 marschierten 6.000 Spanier der kaiserlichen Hilfstruppen an Neuötting vorbei und forderten Verpflegung. Das Begehren wurde erfüllt, um so Gewalt gegen die Stadt zu vermeiden. Diesem Umstand verdanken wir das Wissen um die damalige Bewaffnung der Stadt. Zur Verfügung standen 4 Karrenbüchsen (kleine Kanonen), 25 Hakenbüchsen und eine entsprechende Zahl von Armbrüsten.

Weitere große Leiden brachte der spanische Erbfolgekrieg, der unser Land von 1701 bis 1714 heimsuchte. Nachdem jeder zehnte waffenfähige Bayer durch Kurfürst Max Emanuel zur Verstärkung, des französischen Heeres eingezogen war, erfolgte sein Überfall auf Tirol. Als Antwort besetzten die Österreicher Bayern, wo sie wie die Barbaren hausten. Pfarrer Leeb schreibt in den „Neuöttinger Kriegsgeschichten . „Am 28. November 7 Uhr morgens schickte der Bauernkommandant 30 Schützen aus der Stadt fort, mit dem Befehl, dass das Pflegerhaus in Mörmoosen zu plündern sei. Als sie jedoch an der Osterwiese ankamen, sprengte ein Vortrupp kaiserlicher Husaren, deren sie bei dem herrschenden Nebel zu spät ansichtig wurden, gegen sie an, und bevor einer der Schützen nur einen Schuss gegen sie abfeuern konnte, wurden sie umringt und niedergemacht. Diesem Vortrab folgte die ganze kaiserliche Armee unter dem Bluthund de Wendt samt etlichen Feldgeschützen. Die Husaren ritten dann in die Stadt zum Plündern. Die Besatzung von 1.000 Mann ergab sich kampflos und wurde dafür zum größten Teil geköpft, gerädert oder gehängt. Auch am Bauernaufstand von 1705, der in der Mordweihnacht von Sendling bzw. 1706 am 8. Januar bei Aidenbach sein blutiges Ende fand, waren Neuöttinger Schützen beteiligt, die unser Land von den Besatzern befreien wollten. Selbst in dieser schlimmen Zeit behielten die Schützengesellschaften ihre Privilegien. So gab der Kaiser 1709 den Neuöttinger Schützen, als ihre Heimat österreichisch war, den herkömmlichen Vortel von 4 Gulden und bestätigte die alten Privilegien der Gesellschaft, weshalb sie sich nicht nur königlich, sondern sogar kaiserlich-königlich privilegiert nennen könnte:

Nachdem Bayern während des Spanischen Erbfolgekrieges am 13. August 1704 eine entscheidende Schlacht verloren hatte, wurden die Landfahnen aufgelöst. In der Zeit von 1704 bis 1709 konnte die Schießstätte wegen des Bauernaufstandes und des Mangels an Zielrohren nicht genutzt werden. Am 5. November bestätigte Max Emanuel den Bürgern von Neuötting, die ihn während seiner zehnjährigen Verbannung loyal unterstützten, die Stadtfahne und das Privileg, dass die Neuöttinger keinen Mann mehr zur Landfahne stellen mussten.

Zur Zeit des spanischen Erbfolgekrieges war ganz Bayern - zuletzt auch München, welches vorher noch verschont worden war - von den Österreichern besetzt. Der Kurfürst Maximilian II. Emanuel war geflohen (Sendlinger Mordweihnacht 1705, Schlacht bei Aidenbach 08. Januar 1706). Deshalb bittet am 21. Juli 1710 der Neuöttinger Schützenmeister Michael Gruber den deutschen Kaiser – Joseph I. von Österreich - selbst um Nachzahlung der seit 1704 rückständigen Vortel. Aus dem Inhalt der Akten geht hervor, dass auch der Kaiser die Privilegien der alten Schützengesellschaft Neuötting anerkannt hat. Deshalb könnte sie sich sogar "Kaiserlich Königlich Privilegiert" nennen. Außerdem wurde den Schützen das Recht eingeräumt, auf ihren Schießstätten Kegelbahnen zu betreiben. Dieses Recht hatten nicht einmal die Bierbrauer. Deshalb durften sich die berechtigten Gilden "Privilegierte Schützengesellschaften" nennen.

Doch der Friede war trügerisch. Als nächster Schicksalsschlag brach der österreichische Erbfolgekrieg von 1740-45 herein.Von 1742 bis 1745 war beinahe ganz Bayern und damit auch Neuötting österreichisch. Abgesehen von Einquartierungen und Entschädigungszahlungen war die Stadt 1743 jeweils von den Kämpfen bei Braunau, Burghausen, Trostberg und Eggenfelden betroffen. In diesem Jahr konnten die Neuöttinger mehrmals ihre Fahne über Braunau aufpflanzen. Dafür wurde den Neuöttinger Bürgern und Schützen von der Regierung das mit höchstem Lob versehene Zeugnis ausgestellt, „dass sie an den gefährlichsten Orten mit der Daransetzung ihrer äußersten Kräfte Leib und Lebens nutzbare Dienste geleistet.“

In den „Neuöttinger Kriegsgeschichten“ schrieb F. X. Leeb 1903 über den folgenden Krieg 1778/79 und seine Auswirkungen für Stadt und Umland: Im österreichischen Erbfolgekriege hatte Österreich seine Begierde auf Bayern nicht befriedigen können. Als nun Maximilian III. Josef, genannt der Vielgeliebte, am 30. Dezember 1777 ohne Nachkommen starb, schienen die Aussichten für Österreich besser zu werden. Sein Nachfolger Karl Theodor, der bisher den sinnlichen Genüssen stark ergeben in Mannheim gelebt hatte, fand an den ernsten Altbayern keinen Geschmack und war bereit, ganz Altbayern an Österreich zu verschachern. Dieses besetzte auch anfangs 1778 ganz Niederbayern bis Straubing und Cham hinauf. Aber die jetzt in Bayern regierende Pfalz-Zweibrückensche Linie trat mit Preußens Hilfe diesem Handel scharf entgegen. So kam es zum Kriege, in dem zwar einige Scharmützel geliefert, aber keine bedeutende Schlacht geschlagen wurde. Die Heere begnügten sich, die gegenseitigen Ländereien möglichst zu verwüsten, weshalb der Krieg gewöhnlich „der Kartoffelkrieg" genannt wird. Am 13. Mai 1779 ward er durch den Frieden von Teschen beendigt, in welchem Österreichs Heißhunger auf Bayern doch einigermaßen gestillt wurde, indem es von Bayern das Inn- und Hausruckviertel mit den Städten Schärding und Braunau und den Gerichtsbezirken von Freiburg, Mattigkofen, Mauerkirchen, Ried, Schärding und Wildshut in einem Umfange von 38 Quadratmeilen mit 70.000 Einwohnern erhielt.

Seither sind diese urbayerischen Bezirke von uns getrennt. Für Neuötting hat diese Losreißung unsagbare Folgen gehabt. In wie innigen Beziehungen ist früher Neuötting immer mit Braunau gestanden in Bezug auf Handel, Kunst und Gewerbe! Hätten wir das Innviertel noch, so hätte auch Neuötting noch ein Hinterland. Heute hat es keines mehr und dies ist der Jammer. Straßen und Eisenbahnen würden längst da hinunter gebaut worden sein und regen Verkehr vermitteln, —heute ist alles tot. Selbst der so freudig begrüßte Versuch mit Straße und Brücke da hinab ist längst aussichtslos geworden. Die Aktien der im Jahre 1852 entstandenen Aktiengesellschaft für den Straßen- und Brückenbau nach Marktl kann man haufenweise geschenkt bekommen. Traurig — aber wahr!

Auch das 19. Jh. war von kriegerischen Ereignissen nicht verschont. Im Jahre 1800 zog Napoleon als Feind in unser Land. Daraufhin verbündeten sich die Bayern zunächst mit den Österreichern. Selbst in dieser Bedrängnis ging das Schützenwesen weiter. Mit Schreiben vom 20. September 1801 an den Kurfürsten berief sich die Schützengesellschaft auf ihre „ergrauten Privilegien“, die auch bestätigt wurden. Die aus dem Jahr 1804 stammende Mitgliederliste weist einen Stand von 35 Personen auf. Dies ist für die damalige Zeit eine sehr hohe Anzahl, und beweist uns die Aktivität und Attraktivität der Gesellschaft. Ein weiteres wichtiges Datum ist der 1. Januar 1806, als Maximilian Josef als erstem bayerischen Regenten die Königskrone überreicht wurde.

Nationalgarde III. Klasse ist zuständig für Ruhe und Sicherheit im Land und dient nicht gegen den äußeren Feind. Sie bildet das Bürgermilitär, ihr offizieller Name ist „Königliche Nationalgarde III.Klasse". Für die Dienste, welche das Bürgermilitär von Neuötting den Kriegszeiten von 1800 bis 1809 geleistet hatte, erhielt es vom König ein eigenes Wappen. Neuötting hatte 1809 zwei Füsilierkompanien und eine Schützenkompanie.

Zwischen den Bürgerkompanien kam es öfters zu Reibereien, denn die Nichtprivilegierten beanspruchten bei Prozessionen die gleichen Ehrbezeichnungen und hielten ebenfalls Einzug in die Städte. Wilde Schützenkompanien mit und ohne Fahne galten aber als nichtmilitärische Einrichtung. In diesen Jahren stand aber die Regierung den Bürgerwehren skeptisch gegenüber, denn man vertrat den Standpunkt, die Bürgerwehr sei ein zweckloses Überbleibsel aus dem vorigen Jahrhundert und diene nur dem Prestigebedürfnis einiger weniger „Privatmenschen".

Am 7. März 1826 trat die neue Landwehrordnung in Kraft. Die Landwehrpflicht begann nun mit dem zwanzigsten und endete mit dem sechzigsten Lebensjahr.

 

Chronik #2

Mit der lang andauernden Entwicklung des Städtewesens hängt das Schützenwesen unzertrennlich zusammen. Schützen und Städte sind  aufs innigste miteinander verbunden, und letztere verdanken vielfach den ersteren ihre Erhaltung und wären ohne die Verteidigung durch die Schützen untergegangen. Waren die Schießübungen der Schützen also überwiegend von militärischem Charakter, so kam doch  im Verlaufe der Zeit allmählich noch ein anderer Zweck hinzu, nämlich die Pflege eines edlen Vergnügens.

Heute ist es eine geschichtliche Ehrenpflicht, dass die Städte nicht vergessen, was sie den Schützen zu danken haben, auch wenn diese heute nicht mehr die Bedeutung haben, die sie in den alten Zeiten hatten.

1407 - das Gründungsjahr unserer Gesellschaft - liegt im Spätmittelalter, kriegerische Auseinandersetzungen waren fast ein Normalzustand. Schütze sein hieß Soldat sein. Er diente Volk und  Herrscher. Wenn die Pflicht ihn rief, war er bereit, mit seiner Persönlichkeit einzutreten. Es galt, die Gemeinschaft zu „schützen“.

War es bis zu dieser Zeit noch überwiegend der Bogen, mit dem der Schütze seine Aufgaben erfüllte, veränderte vor ca. 6 Jahrhunderten das Aufkommen der Feuerwaffen alles völlig. Feuerschützen waren es, die das traditionelle Rittertum beendeten.

In den vielen Jahrhunderten, die seitdem vergangen sind, hat keine neue Waffenform, so schrecklich sie auch zu ihrer Zeit eingeschätzt und gefürchtet wurde, jemals zu einem Ende der Kriege dieser Welt führen können.

Heute können wir uns wahrlich glücklich schätzen, dass wir in unserer Region schon mehr als 60 Jahre in Frieden leben und die Mitglieder unserer Schützengesellschaften Waffen heute ausschließlich in sportlichem Wettkampf und zur Pflege der Tradition verwenden.  

Die Landesherren gewährten den frühen Schützengesellschaften besondere eigenständige Polizeigewalt und wirtschaftliche Vorteile:

Im Bereiche der privilegierten Schießstätten hatte die Polizei nichts zu suchen. Auf ihrem Gebiete war dem Schützenmeister die volle polizeiliche Gewalt übertragen.

Es gab einen Katalog von Straftaten und entsprechenden Strafen, der von Geld bis Prügelstrafen reichte.

Außerdem wurde den Schützen das Recht eingeräumt, auf ihren Schieß­stätten Kegelbahnen zu betreiben. Dieses Recht hatten nicht einmal die Bierbrauer. Deshalb durften sich die berechtigten Gilden "Privilegierte Schützengesellschaften" nennen.

Pfarrer Leeb, der bedeutende Neuöttinger Chronist, schreibt 1907: "Die Geschichte des Schützenwesens überhaupt, der Stadt Neuötting im besonderen, zwingt uns zu der Annahme, daß unsere Stadt schon ums Jahr 1300 herum seine eigenen Schützenabteilungen hatte.

Seit dem Jahre 1434 wurden auch die  jungen Bürgersöhne bis 10 Jahre zum Schießen angehalten. Interessant ist die Begründung dieses Gebotes: „Damit sie ihr Weil und Zeit nicht vertreiben unnützlich“ – „damit sie doch schießen lernen, wenn sie auch den Cato nicht lernen“, „damit sie anderen Unfug lassen“, Und um ihre Lust zu wecken, wurden auch ihnen von der Stadtkammer kleine Feste gegeben.

Waren bisher bloß die Bürger und dann die großen und kleinen Bürgersöhne zur Übung des vornehmen Schießsportes berechtigt, so wurde durch die Ordnung vom Jahre 1518 auch jedem Handwerksgesellen, der mindestens ein halb Jahr ehrbar gedient hatte, das Schießen gestattet, damit hierdurch die Zahl der Schützen wachse.

Wir machen einen großen Sprung durch die Jahrhunderte. Nachwuchsprobleme gab es auch damals schon.

Dazu dieser Ausschnitt aus der

Ordentlichen Generalversammlung vom 3. Mai 1927 :

(.....Es wurde allgemein der Wunsch ausgesprochen, wenn die über 500 Jahre alte Schützengilde den ihr gebührenden Nachwuchs bzw. Zugang insbes. aus der jungen Männerwelt bekäme. Leider vermisst man gerade in den Kreisen der Bürgersöhne das notwendige Verständnis für die ideale und erhabene Schützensache.)

1935/36 hatte der Schützengau Altötting 40 Gesellschaften mit nunmehr 824 Mitgliedern.  Schon jetzt merkte man immer mehr die Diktatur. Das Wehrmachts­gewehr wurde zur Pflicht in den Vereinen und damit rückte die vormilitärische Ausbildung mehr und mehr in den Vordergrund.

Obwohl die Machthaber des Dritten Reiches unter dem Motto "Üb Aug und Hand fürs Vaterland" den Schießsport förderten, so stellten sie sich doch gegen fast alle unpolitischen Vereinigungen und damit auch gegen unsere Gesellschaft. Sie trennten Jugendliche und Erwachsene von ihren Vereinen und scheuten sich nicht, dabei massiven Druck auf die Menschen auszuüben. Dies hatte zur Folge, dass das Vereinsleben immer mehr geschwächt wurde. So kam es wegen mangelnder Beteiligung der Mitglieder bereits im Jahre 1936 zur Einstellung des Schießbetriebes.

Laufend kamen neue Anord­nungen und Durchführungsaufträge. Alles hatte nichts mehr mit dem traditio­nellen Schützentum zu tun.

1939  stand ganz im Zeichen der militärischen Aus­bildung. Die Gauversammlungen wurden in Jahresapelle umbenannt und hatten mit unserem Schützen­geist nichts mehr zu tun.

Am 1. September 1939  begann der 2. Weltkrieg.

Die wehrpflichtigen Männer wurden eingezogen und viele Männer und Frauen in der Rüstung oder Wirtschaft kriegsdienstverpflichtet. Für wenig Nahrung wurde viel Leistung von allen verlangt. Es blieb keine Zeit mehr für Vereine und Sport. Die Nazis führten schließlich die vorhandene Schießanlage unserer Gesellschaft einer anderen Verwendung zu. Dem Fleiß und der Begeisterung unserer Schützen wurde damit ein empfindlicher Schlag versetzt.

Auch während der Kriegszeit wurden einige Kleinka­liberschießen durchgeführt. Sie dienten aber mehr der vormilitärischen Ausbildung als dem Schießsport. Die Schützenmeister waren zur Ausbildung ungeübter Wehr­pflichtiger aufgerufen.

Den Vereinen wurde die Beteiligung mit Fahnen an kirchlichen Anlässen verboten. Mit zunehmender Kriegsdauer erlosch aller Schützengeist und wo noch Mitgliedschaften bestanden, waren diese sicherlich nur noch formell aufgeführt..

Bei den Feuerschützen Neuötting reißt die gesellschaftliche Tätigkeit im Jahr 1942 ab.

In diesem Jahr befahl eine Verfügung des Reichjugendführers, dass die Schützenmeister mit der HJ zu „kooperieren“ hätten.

Viele Vereine zahlten 1944 ihre Vereinskasse an die Mit­glieder aus, um einer Beschlagnahme vorzubeugen. Auf dem Mitgliedsbuch und auf den Beitragsmarken erschien das Hakenkreuz. Dies alles hatte mit dem ehrbaren Schießsport nichts mehr zu tun und schließ­lich endete das Ganze in diesem Jahr.

Neugründung nach dem II. Weltkrieg

1945 ging die unglückselige Zeit des sogenannten "Tausendjährigen Reiches" mit einer Katastrophe für unser Heimatland zu Ende. Auch die Nachkriegszeit brachte unseren Mitgliedern weitere Tiefschläge bei. Die Versorgung mit Lebensmitteln war sehr schlecht.

 Gesundheitliche Schädigungen und andere Kriegsfolgen sowie Kriegsgefangenschaft wirkten sich empfindlich auf den Arbeitsmarkt aus. Die Wiedereingliederung der Heimkehrer war für die einzelnen Männer oft nicht einfach. Der Wiederaufbau forderte von der stark geschwächten Kraft der Menschen von damals erhebliche körperliche Leistungen. Begrenzung der Arbeitszeit, Tarif- oder Urlaubsfragen standen damals nicht zur Debatte. Die Währungsreform im Jahre 1948 trug ihrerseits zur Leerung der Vereinskasse bei. Der größte Verlust für unsere Gesellschaft aber sind die Gefallenen und verstorbenen Mitglieder.

Die Militärregierung betrachtete den Schießsport vorerst als Militarismus und verbot deshalb alles, was mit ihm in Zusammenhang gebracht werden konnte. Auf Anordnung der amerikanischen Militärregierung wurden sämtliche Waffen (auch Luftgewehre) eingezogen. Der Besitz dieser Waffen wurde nach damaligem Recht mit der Todesstrafe bedroht.

Ein Schriftfüh­rer vermerkt in sein Schießbuch: "Unsere Schützen­sache, der lustige, traditionelle Schießsport, hat auf­gehört zu leben, er hat ein jähes Ende gefunden."

Nach dreißigjähriger Zwangspause ergriff  Hans Müller (seit 1943 Schütze) die Initiative und bewirkte eine Fortsetzung des Bestandes der Kgl. Privil. Feuerschützengesellschaft 1407. Ohne Schützenheim, ohne Geld und ohne Sportwaffen organisierte er ein Wiederaufleben des Vereinslebens sowie des Schießsports und versuchte, die Pflege der Tradition wieder zu beleben.

Der Militärregierung konnte glaubhaft gemacht werden, dass die FSG keine NS-treue Organisation war und so genehmigten amerikanische Dienststellen schließlich das Schießen mit den unmilitärischsten aller Schusswaf­fen, dem Luftgewehr, das bei vielen Schützen im Ruf eines Kinderspielzeuges stand.

Im Juni 1947 wurde der Schießbetrieb  in der Gastwirtschaft Faltermaier wieder aufgenommen. Der sehr geringe Mitgliederbestand erforderte naturgemäß auch noch keinen großen Schießstättenaufwand. Für die vorgeschriebenen 10m beim Luftgewehrschießen wurde von der Gaststube durch eine Öffnung in der Wand in die Küche geschossen. Eine Rückholvorrichtung gab es nicht, man bediente sich eines Zielansagers, des so genannten Kasperls, der Ringzahl und Abweichung vom Zentrum ansagte.

Unter diesen Verhältnissen, nur mit leicht zunehmender Mitgliederzahl, wurde bis in die späten 50er Jahre aktive Vereinsarbeit betrieben. Am 1. Juli 1966 wurde in Anwesenheit zahlreicher Persönlichkeiten die erste Generalversammlung durchgeführt. Von 42 Mitgliedern haben 30 Schützen daran teilgenommen.

Hanns Müller sen. war derjenige, unter dessen Leitung der Wiederaufbau einsetzte. Seiner besonderen Tatkraft verdanken wir den Aufstieg vom damaligen Nullpunkt bis zu unserer heutigen Stellung.